Umfrageergebnis - Forschungsdaten in der Religionswissenschaft

1. An welcher Einrichtung sind Sie aktuell primär tätig / forschen Sie? (N=154)
Diese Frage zielte zum Einstieg darauf ab, die Teilnehmenden in ihrem aktuellen Beschäftigungskontext zu verorten. Wie zu erwarten, ist die überwiegende Mehrheit der Befragten aktuell primär im universitären Bereich tätig. Immerhin ein Zehntel gab eine außeruniversitäre Einrichtung an, die nicht näher konkretisiert ist. In den Freitextantworten wurden in Ergänzung Schulen als Arbeitsplatz genannt.
2. In welcher Position sind Sie an dieser Einrichtung tätig? (N=146)
Mehrfachantworten waren möglich. Im Ergebnis zeigt sich, dass viele Nachwuchswissenschaftler*innen an der Befragung teilgenommen haben (Gruppe der Studierenden und Promovierenden), aber auch eine ganze Reihe Professor*innen. Die relativ große Zahl der Freitextantworten signalisiert, dass mit dem Berufsfeld „Religionswissenschaft“ auch andere, nicht explizit in den Antwortmöglichkeiten aufgelistete Arbeitsplätze verbunden sein können. Einige der Teilnehmenden gaben so z. B. eine Stelle als Lehrkraft an Schulen an.
3. Sie sind in dieser Position... (N=125)
Die Verteilung der Antworten zu dieser Frage korrespondiert mit den Angaben zur beruflichen Position in Frage 2: Der überwiegende Teil der Befragten – fast die Hälfte! – gehört demnach zu den prekär Beschäftigten. Im Universitätsumfeld betrifft dies vor allem die wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen (sowohl Haushalts- als auch Projektstellen).
4. In welchem Bereich würden Sie Ihre Forschungsaktivitäten überwiegend verorten (Methodik)? (N=144)
Die Religionswissenschaft steht je nach Forschungsrichtung mit vielen Fächern in interdisziplinärem Austausch und bedient sich vielfältiger Methoden. Mit dieser Frage wollten wir herausfinden, welche methodischen Schwerpunkte unter den Befragten bestehen. Mehrfachantworten waren möglich.
Neben der Religionswissenschaft an sich wurden hier am häufigsten die Sozialwissenschaften und die Kulturwissenschaften als Untersuchungsebenen genannt. Unter den Freitextantworten ist insbesondere die gehäufte Nennung von (Religions-)Ethnologie bzw. Anthropologie sowie des Bereichs Kommunikations- und Medienwissenschaften hervorzuheben.
5. Sind Sie Mitglied der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft (DVRW)? (N=133)
Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, nicht Mitglied der religionswissenschaftlichen Fachgesellschaft zu sein. Das lässt sich mindestens zum Teil auf die relativ hohe Beteiligung von Studierenden und Doktorand*innen an der Umfrage zurückführen, die nur in wenigen Fällen eine Mitgliedschaft in der DVRW angegeben haben (Studierende 0, Doktorand*innen: 11 von 36). Zugleich führt dieses Ergebnis auch wieder die Interdisziplinarität des Fachs vor Augen und könnte davon zeugen, dass ein größerer Teil der Befragten sich schwerpunktmäßig in einem anderen Fachgebiet verortet.
6. Welche Arten von Forschungsdaten nutzen Sie bzw. fallen in Ihrer (aktuellen oder abgeschlossenen) Forschung an? (N=141)
Mehrfachantworten waren möglich. Dem Ergebnis nach machen Texte und Textkorpora den größten Teil der Daten aus, die in der religionswissenschaftlichen Forschung anfallen bzw. genutzt werden. Darüber hinaus wurden aber auch sehr häufig Interviewtranskripte und Audio-Aufzeichnungen (z. B. von Interviews) sowie Bilder und Fotografien genannt. Überrascht hat die häufige Nennung der Datenrubrik „Websites, Blogs, Twittereinträge etc.“ Diese Art von Forschungsdaten benannten insbesondere Befragte, die als Forschungsbereich die Sozialwissenschaften angegeben haben.
7. Welche Arten von Datenformaten nutzen bzw. generieren Sie in Ihrer (aktuellen oder abgeschlossenen) Forschung? (N=139)
Mehrfachantworten waren möglich. Die Antworten zu den am häufigsten genutzten und generierten Datenformaten in der Religionswissenschaft spiegeln ganz deutlich das Ergebnis zu Frage 6 nach den Datenarten wider. Textdateien bilden die Spitze, gefolgt von Audio-Dateien (z. B. Aufzeichnungen von Interviews) und Bilddateien.
8. Wo speichern Sie Daten aus Ihrer (aktuellen oder abgeschlossenen) Forschung? (N=139)

Mehrfachantworten waren möglich. Nicht überraschend speichern die meisten der Befragten ihre Forschungsdaten hauptsächlich offline: auf ihren privaten und / oder Dienstrechnern sowie auf externen Datenträgern, häufig wurde auch noch die Papierform genannt. Das Online-Speichern in Clouds, auf Repositorien oder in einem professionellen Datenarchiv ist hingegen noch nicht so verbreitet. Ähnliche Ergebnisse haben auch vergleichbare Umfragen in anderen geisteswissenschaftlichen Fächern ergeben.

S. z. B. die Ergebnisse der Umfrage des FID Sozial- und Kulturanthropologie 2016. Sabine Imeri, Ida Danciu [Mitarb.] (2017): Open Data. Forschungsdatenmanagement in den ethnologischen Fächern. Auswertung einer Umfrage des Fachinformationsdienstes Sozial- und Kulturanthropologie an der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin 2016. Teil I: Statistiken, S. 14. Online unter: Umfrage_Bericht_Statistiken_1.0_14-06-2017.pdf (zuletzt abgerufen am 15.01.2020).

9. Welchen Kenntnisstand haben Sie zum Thema Forschungsdatenmanagement? (N=139)
Immerhin ein Drittel aller Befragten hat sich bereits mit dem Thema Forschungsdatenmanagement auseinandergesetzt bzw. eigene Kenntnisse, fast die Hälfte schon einmal davon gehört. Der FID Religionswissenschaft sieht sich hier in seiner wissenschaftsunterstützenden Rolle gefragt und möchte in Zukunft die Fachinformation auf diesen Bereich ausdehnen.
10. Welche Empfehlungen und Richtlinien von wissenschaftspolitischen Gremien, Drittmittelgebern, Forschungsinstitutionen etc. zum Umgang mit Forschungsdaten sind Ihnen bekannt? (N=8)
Zu dieser Frage wurden nur diejenigen Teilnehmenden weitergeleitet, die bei Frage 9 bereits gute Kenntnisse zum Thema Forschungsdatenmanagement aus eigener Anwendung angegeben hatten. Mehrfachantworten waren möglich.
Wir hatten hier ausgewählte Empfehlungen und Richtlinien abgefragt um eine Tendenz festzustellen. Danach sind die Vorgaben der DFG als wichtiger Drittmittelgeber am bekanntesten, neben EU-Richtlinien wie den Guidelines aus dem Förderprogramm Horizon 2020.
11. In dieser Frage wollen wir von Ihnen wissen, welchen Umgang Sie mit eigenen und fremden Forschungsdaten bereits pflegen. (N=135) Haben Sie...

Die Antworten zeigen, dass zwei Drittel der Teilnehmenden bereits eigene Forschungsdaten für andere Forschungsprojekte nachgenutzt haben und auch in Zukunft damit rechnen dies zu tun. Etwa die Hälfte der Befragten gab an, die Forschungsdaten anderer Wissenschaftler*innen bereits nachgenutzt zu haben. Immerhin mehr als ein Drittel hat bereits eigene Forschungsdaten anderen zur Nachnutzung überlassen und sogar fast die Hälfte der Befragten wären dazu in Zukunft bereit.

Insgesamt zeigen uns diese Antworten, dass grundsätzlich eine eher positive Einstellung hinsichtlich der Nachnutzung und Bereitstellung von Forschungsdaten besteht. Für die Zukunft haben mehr Befragte ihre Einstellung noch offen gehalten.
Angesichts der noch weitgehend unbekannten Perspektiven und Möglichkeiten von Forschungsdatenmanagement für die Religionswissenschaft ist das aber auch nicht ungewöhnlich.

Nur wenige Teilnehmende haben mit ihrer Antwort („Nein“) für die Zukunft eine Nachnutzung von Forschungsdaten (eigene oder fremde) bzw. eine Bereitstellung eigener Forschungsdaten zur Nachnutzung durch andere ausgeschlossen.

In der anschließenden Frage 12 haben wir deshalb nach Gründen für diese Ablehnung gefragt.

12. Falls Sie eine der letzten drei Fragen mit „Nein“ beantwortet haben: Nennen Sie hier bitte Gründe. (N=22)

22 Teilnehmende haben im Freitext auf diese Frage geantwortet und ihre Bedenken und befürchtete Probleme der digitalen Verfügbarmachung von Forschungsdaten geäußert.

Im Wesentlichen haben sich drei Standpunkte herauskristallisiert:

Wissenschaftsethische Gründe wurden mehrfach als Hürde für den freien Zugang zu Forschungsdaten aufgeführt. Konkret betrifft dies vor allem Forschungsdaten, für die eine Vereinbarung beispielsweise mit Interviewten getroffen wurde. Eine Zustimmung liegt normalerweise nur für die Verwendung in einem konkret benannten Forschungsvorhaben vor, nicht aber für eventuelle zukünftige. In diesem Zusammenhang wurden auch Bedenken hinsichtlich der Wahrung von Anonymität geäußert. Hier sehen wir tatsächlich einen sehr konkreten Bedarf, Forschungsdatenmanagement auf die spezifischen Bedürfnisse der Religionswissenschaft und ihrer einzelnen Forschungsfelder abzustimmen.

Die fehlende oder schwierige Auffindbarkeit wurde ebenfalls als Hinderungsgrund für die Nachnutzung von Forschungsdaten benannt. Der zentrale Nachweis religionswissenschaftlich relevanter Forschungsdaten ist ein dringliches Anliegen von RelBib, das wir in naher Zukunft angehen wollen.

Aber auch Zweifel am Nutzen der eigenen Forschungsdaten spielten bei mehreren Befragten eine Rolle bei der Entscheidung, diese nicht zur Nachnutzung frei zugänglich zu machen. Damit einher ging ein grundsätzliches Verständnisproblem, was „Nachnutzung von Forschungsdaten“ eigentlich bedeutet. Diese Antworten zeigten uns deutlich, dass zum Teil ein hoher Informationsbedarf rund um das Thema Forschungsdaten und Forschungsdatenmanagement (Sinn und Zweck) besteht. Auch auf den Aspekt der Nachhaltigkeit (potenzielle Relevanz von Forschungsdaten in Zukunft) sollte in diesem Zusammenhang hingewiesen werden.

13. Welche Arten von Forschungsdaten wären Sie bereit für die Nachnutzung in einem Forschungsdatenarchiv abzulegen? (N=130)

In Frage 6 hatten wir nach den aktuell anfallenden Forschungsdaten gefragt – hier ging es nun um die Bereitschaft, diese in einem Forschungsdatenarchiv abzulegen. Mehrfachantworten waren möglich.

Diese Bereitschaft ist für Texte und Textkorpora sehr hoch und entspricht hier fast dem in Frage 6 angegebenen Volumen. Etwas anders verhält es sich beispielsweise für handschriftliche Materialien oder Audio-Aufzeichnungen (z. B. Interviews). Während diese sehr häufig als anfallende Forschungsdaten in Frage 6 benannt worden sind, ist die Bereitschaft sie in einem Forschungsdatenarchiv abzulegen deutlich geringer. In einer der vier Freitextantworten wird der Aspekt hervorgehoben, dass die Entscheidung solche Daten zu archivieren von der Anonymisierbarkeit und den festgelegten Nutzungsrechten abhängt. Ähnliche Bedenken wurden bereits in den Antworten zu Frage 12 geäußert.

14. Welche Arten von Datenformaten würden Sie in einem Forschungsdatenarchiv ablegen? (N=129)
In Frage 7 hatten wir nach den in der aktuellen Forschung anfallenden Datenformaten gefragt – hier konzentrierte sich die Frage auf die Bereitschaft, Datenformate in einem Forschungsdatenarchiv abzulegen. Mehrfachantworten waren möglich.
Im Wesentlichen spiegeln sich die Antworten aus Frage 7 hier wider. Die einzige Ausnahme besteht darin, dass die Bereitschaft Audio-Dateien zu archivieren deutlich geringer ist im Vergleich zur anfallenden Menge. Das korreliert mit den Ergebnissen zu Frage 13 nach der Archivierung von Forschungsdaten.
15. Welche Arten von Nutzungsrechten (Lizenzen) sind Sie bereit zu ermöglichen? (N=111)
Mehrfachantworten waren möglich. Die Antworten auf diese Frage zeigen deutlich, dass in Bezug auf Nutzungsrechte bzw. Lizenzen eine große Unsicherheit unter den Befragten besteht: Weit über die Hälfte gab an, dass sie nicht wüssten, welche Nutzungsrechte sie anderen einräumen würden und wählte entsprechend unter den Vorschlägen auch keine aus. Die übrigen Antworten zeigen eine tendenzielle Bereitschaft, eher freie Lizenzen bzw. Public Domain zu ermöglichen als nicht-freie Lizenzen. Hier wurden von den Teilnehmer*innen häufig auch mehrere Antworten gegeben. Im Freitextfeld wurde explizit die Unkenntnis der genannten Lizenzformate angesprochen. Zudem wurde hier darauf hingewiesen, dass manche Daten per se nur eine eingeschränkte Nutzung bzw. Nutzerkreis zulassen.
16. Welche Vorteile sehen Sie in der Bereitstellung von religionswissenschaftlichen Forschungsdaten in digitalen Archiven? (N=130)
Mehrfachantworten waren möglich. Die relativ gleichmäßige Verteilung der Antworten zeigt, dass alle zur Auswahl gestellten Vorteile der digitalen Archivierung als mehr oder weniger gleichermaßen wichtig erachtet werden. Lediglich der Punkt „Nachvollziehbarkeit“ steht etwas zurück, möglicherweise weil eine gewisse Überlappung mit „Überprüfbarkeit“ vorliegt. Die Antwort „Keine Vorteile“ wurde fast nie gewählt. Als Ergänzung wurde im Freitextfeld der Vorteil „Öffentlichkeitswirksamkeit“ benannt.
17. Welche Probleme sehen Sie in der Bereitstellung von religionswissenschaftlichen Forschungsdaten in digitalen Archiven? (N=128)
Mehrfachantworten waren möglich. Die bereits bei anderen Fragen in den Freitextfeldern aufgetauchten wissenschaftsethischen Bedenken spiegeln sich hier deutlich in dem am häufigsten gewählten Aspekt der Persönlichkeitsrechte bzw. des Datenschutzes wider. Danach wurden etwa gleich oft die Problempunkte Nutzungsrechte, Gefahr von Datenmissbrauch sowie fehlendes Wissen bezüglich technischer Anforderungen oder Dokumentationsstandards genannt. In den Freitextantworten wurde u. a. der Aspekt des zusätzlichen Zeitaufwands angeführt. Nur wenige Teilnehmende sehen keine Probleme in der Bereitstellung von Forschungsdaten.
18. Für ein sinnvolles Forschungsdatenmanagement wünschen Sie sich... (N=120)
In dieser Frage wollten wir erkunden, in welchen Bereichen besonderer Bedarf nach Unterstützung oder Beratung hinsichtlich eines sinnvollen Forschungsdatenmanagements in der Religionswissenschaft besteht. Mehrfachantworten waren möglich. Gewünscht wurden vor allem Beratung zu rechtlichen Fragen, im Vorfeld eines konkreten Forschungsprojektes sowie Informationen zu allgemeinen und technischen Fragen. Aber auch in den anderen aufgeführten Bereichen besteht ein deutlicher Wunsch nach Unterstützung. Hier sieht der FID Religionswissenschaft in Zukunft seine Aufgabe, gezielter auf den Informations- und Beratungsbedarf der Wissenschaftler*innen einzugehen und wird seine Kompetenzen entsprechend ausbauen. Bereits jetzt können Sie sich allgemein zum Thema auf dem RelBib-Portal informieren: Forschungsdatenmanagement.
19. Haben Sie noch weitere Fragen oder Anregungen zum Thema "Forschungsdaten in der Religionswissenschaft"? (N=10)

Zehn Teilnehmer*innen der Umfrage haben am Ende noch im freien Textfeld Fragen gestellt oder Anregungen notiert. An dieser Stelle gehen wir nur summarisch auf die geschilderten Anliegen ein.

Ein wichtiger, mehrfach genannter Punkt betrifft das Thema Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, wo in vielerlei Hinsicht Probleme gesehen werden, was die öffentliche Bereitstellung von Forschungsdaten anbelangt.

Außerdem wurde die Frage nach der Vernetzung zweimal aufgeworfen: Wie kann mit einer Vielzahl von untereinander kaum vernetzten Fach- und Medienrepositorien, die aber jeweils Relevanz für die einzelnen Wissenschaftler*innen haben, umgegangen werden? Dieser interessante Punkt könnte zumindest für die Religionswissenschaft vom FID aufgegriffen und eine Vernetzung über den zentralen Nachweis von Forschungsdaten in RelBib angestrebt werden.

Einzelfragen betrafen zudem den Informationsbedarf in technischen Belangen sowie die Forderung nach einem stärkeren Einbezug von Ethik- bzw. Philosophielehrer*innen.