Gott im Selfie: systematisch-theologische Gegenwartserkundungen im Spannungsfeld von Verkündigung und (digitaler) Selbstdarstellung

Am Beispiel der häufig zum Symptom eines narzisstischen Zeitalters erklärten Selfie-Praxis wird in diesem Text das Verhältnis von Selbstdarstellung und Verkündigung bedacht. Das in den Sozialen Medien verbreitete Phänomen, sich selbst zum Bild zu machen und anderen Bilder von sich selbst zu präsenti...

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Bibliographic Details
Published in:Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie
Main Author: Tetzlaff, Karl 1987- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
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Published: De Gruyter 2023
In: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie
Standardized Subjects / Keyword chains:B Schleiermacher, Friedrich 1768-1834 / Selfie / Self-portrayal / Preaching
RelBib Classification:KAH Church history 1648-1913; modern history
RE Homiletics
ZG Media studies; Digital media; Communication studies
Further subjects:B Self-portrayal
B Digitalization
B acceleration
B Schleiermacher
B Picture
B Social media
B Preaching
B Self-representation
B Selfie
B Image
B Acceleration (Mechanics)
Online Access: Volltext (lizenzpflichtig)
Volltext (lizenzpflichtig)
Rights Information:InC 1.0
Description
Summary:Am Beispiel der häufig zum Symptom eines narzisstischen Zeitalters erklärten Selfie-Praxis wird in diesem Text das Verhältnis von Selbstdarstellung und Verkündigung bedacht. Das in den Sozialen Medien verbreitete Phänomen, sich selbst zum Bild zu machen und anderen Bilder von sich selbst zu präsentieren, tritt dabei als ein religiös grundiertes Unterfangen vor Augen. Eine Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart lässt sich in der Selfie-Praxis ebenso artikuliert finden wie ein Bewusstsein für die undarstellbare Dimension des individuellen Selbst. Beide Aspekten werden zudem als Versuch eines produktiven Umgangs mit herausfordernden Entwicklungen der Moderne verstanden: mit der durch den sozialen Beschleunigungsdruck hervorgerufenen Gegenwartsschrumpfung auf der einen und dem Zwang zur digitalen Selbstpräsentation auf der anderen Seite. Mithin lässt sich das im Selfie zum Ausdruck kommende Bewusstsein auf die Rede von Gott beziehen: auf Gott als Korrelat jener Sehnsucht nach unvergänglicher Gegenwart und als Inbegriff einer dem menschlichen Selbst unsichtbar eingeschriebenen Lebendigkeit. In dieser ihm innewohnenden Verweisstruktur lässt sich das Selfie selbst als verkündigungsförmig ansehen, was den auch in der Theologie verbreiteten Narzissmusvorwurf gegenüber religiösen Selbstdarstellungspraktiken nicht nur in der Predigtarbeit entkräften sollte.
Using the example of the selfie practice, which is often declared to be a symptom of a narcissistic age, this text considers the relationship between self-representation and preaching. The widespread phenomenon in social media of making oneself into an image and presenting images of oneself to others appears as a religiously based endeavor. A longing for an everlasting presence can be found articulated in the selfie practice, as can an awareness of the unrepresentable dimension of the individual self. Both aspects are also understood as an attempt to deal productively with the challenging developments of modernity: with the shrinking of the present caused by the pressure of social acceleration on the one hand and the compulsion for digital self-presentation on the other. Thus, the consciousness expressed in the selfie can be related to the talk of God: to God as the correlate of that longing for an everlasting presence and as the epitome of a vitality invisibly inscribed in the human self. In this inherent structure of reference, the selfie itself can be seen as a form of preaching, which should invalidate the accusation of narcissism against religious self-presentation practices, which is also widespread in theology.
ISSN:1612-9520
Contains:Enthalten in: Neue Zeitschrift für systematische Theologie und Religionsphilosophie
Persistent identifiers:DOI: 10.1515/nzsth-2023-0012