Fasten: Zur Popularität einer (religiösen) Praktik

Fasten weist nicht nur eine jahrtausendealte Tradition auf, sondern ist bis heute Bestandteil aller Weltreligionen. Auch in spätmodernen Gesellschaften wird es von vielen Menschen regelmäßig praktiziert; eine Beschränkung auf bestimmte Altersgruppen oder Schichten lässt sich nicht erkennen. Dies zei...

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Published in:Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik
Main Author: Heiser, Patrick 1977- (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
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Published: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2021
In: Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik
Further subjects:B Lived Religion
B Religious Practices
B Fasting
B Religiöse Praktiken
B Gelebte Religion
Online Access: Volltext (kostenfrei)
Description
Summary:Fasten weist nicht nur eine jahrtausendealte Tradition auf, sondern ist bis heute Bestandteil aller Weltreligionen. Auch in spätmodernen Gesellschaften wird es von vielen Menschen regelmäßig praktiziert; eine Beschränkung auf bestimmte Altersgruppen oder Schichten lässt sich nicht erkennen. Dies zeigt die Analyse einer standardisierten Online-Befragung von 1908 Personen aus Deutschland, deren Ergebnisse im vorliegenden Aufsatz vorgestellt und diskutiert werden. Ausgeleuchtet wird dabei eine hohe Gestaltungs- und Deutungshoheit des fastenden Individuums. Insbesondere die nachwachsende Generation von Fastenden bringt neue Verzichtsoptionen und Fastenmotivationen in die tradierte Fastenpraxis ein. Eine deskriptive Analyse arbeitet drei Konstanten des zeitgenössischen Fastens heraus: einen temporären Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol und Süßigkeiten, eine subjektbezogene Fastenmotivation und eine fastenbedingte Steigerung des körperlichen Wohlbefindens. Anhand einer Regressionsanalyse werden drei zentrale Determinanten identifiziert, von denen sowohl die Gestaltung als auch die Effekte des Fastens abhängen: das Alter, die Konfessionszugehörigkeit und die Religiosität. Anhand dieser Befunde wird die Frage diskutiert, ob und inwiefern Fasten auch unter den säkularen Bedingungen der späten Moderne als religiöse Praktik konzeptualisiert werden kann. In Anschluss an den Lived-religion-Ansatz wird es als gelebte religiöse Praktik verstanden, deren Popularität sich durch ein spezifisches Zusammenspiel von individuellen Gestaltungsspielräumen und institutioneller Evidenzsicherung erklären lässt. Nicht irgendwann nämlich fastet die überwiegende Mehrheit der Befragten, sondern in konfessionell proklamierten Fastenzeiten mit langer Tradition.
Fasting not only has a tradition dating back thousands of years, but is still part of all world religions. Even in late modern societies it is practiced regularly by many people; a limitation to certain age groups or social classes cannot be observed. This shows an online survey of 1,908 Germans, the results of which are presented and discussed in this paper. It shows a remarkable individual autonomy of shaping and interpreting practices of fasting. In particular, an upcoming generation of fasting people is introducing new renunciation options and motivations into the tradition of fasting. A descriptive analysis identifies three constants of contemporary fasting: a temporary renunciation of stimulants such as alcohol and sweets, a subject-related fasting motivation, and a fasting-related increase in physical well-being. Applying a regression analysis, three central determinants can be identified on which both the shaping and the effects of fasting depend: age, denominational affiliation, and religiosity. Based on these findings, the question is discussed whether and to what extent fasting can be conceptualized as a religious practice even under the secular conditions of late modernity. Following the lived-religion approach, fasting is understood as a religious practice whose popularity can be explained by a specific interplay of individual autonomy and institutional ensuring of evidence. Namely, most of the participants do not fast at any time whatsoever, but in institutionally proclaimed periods with long tradition.
ISSN:2510-1226
Contains:Enthalten in: Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik
Persistent identifiers:DOI: 10.1007/s41682-021-00081-1