Die Legitimation von Entmenschlichung, Misogynie und Gewalt im Hinduismus

Seit Jahren steigt in Indien die Anzahl der spezifisch gegenüber Frauen, hierarchisch tieferstehenden Geburts- ( varṇa ) und Berufsgruppen ( jāti ) sowie Kastenlosen ( dalits ; scheduled castes ) und indigenen Gemeinschaften ( ādivāsī ; scheduled tribes ) angezeigten Gewalttaten kontinuierlich an. D...

Full description

Saved in:  
Bibliographic Details
Published in:Zeitschrift für Religionswissenschaft
Main Author: Völker, Fabian (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Check availability: HBZ Gateway
Journals Online & Print:
Drawer...
Fernleihe:Fernleihe für die Fachinformationsdienste
Published: Diagonal-Verlag 2023
In: Zeitschrift für Religionswissenschaft
Further subjects:B Kastengewalt
B caste violence
B Hindu-Nationalismus (Hindutva)
B Hindu nationalism (Hindutva)
B Religious Violence
B Religiöse Gewalt
B Bhagavadgītā
B Hinduism
B Gender
Online Access: Volltext (kostenfrei)
Volltext (kostenfrei)
Description
Summary:Seit Jahren steigt in Indien die Anzahl der spezifisch gegenüber Frauen, hierarchisch tieferstehenden Geburts- ( varṇa ) und Berufsgruppen ( jāti ) sowie Kastenlosen ( dalits ; scheduled castes ) und indigenen Gemeinschaften ( ādivāsī ; scheduled tribes ) angezeigten Gewalttaten kontinuierlich an. Diese Gewaltakte und Tötungsdelikte sind aufgrund ihrer Qualität und vor allem aufgrund ihrer quantitativen Größenordnung als systemisch anzusehen. Dass sie in dieser Form noch immer ein akutes Gegenwartsproblem von allerhöchster sozialer und politischer Brisanz im vordergründig säkularisierten Indien darstellen, legt einen gesamtgesellschaftlichen Konsens über deren grundsätzliche Rechtmäßigkeit nahe, der sich anhand tradierter Normen- und Wertvorstellungen sowie prämoderner Denk- und Handlungsmuster legitimiert, die auf traditionell hinduistischen Ideen basieren. Dabei kann der politische Aufstieg der nationalreligiös argumentierenden und agitierenden "Indischen Volkspartei" (BJP: Bhāratīya Janatā Pārṭī ) sowie ihr politisch forcierter Rückgriff auf den Hinduismus als einzelner, aber dennoch entscheidender Einflussfaktor gesehen werden, der die anhaltende Verschärfung innergesellschaftlicher Gegensätze und die kontinuierliche Intensivierung der Gewaltdynamiken ursächlich zu erklären vermag. Um diese Zusammenhänge zu beleuchten, vollzieht der Beitrag die ideengeschichtlichen Grundlagen religiös legitimierter Entmenschlichung und Gewalt sowie latenter wie offener Misogynie im Hinduismus von seinen vedischen Ursprüngen im 2. vorchristlichen Jahrtausend bis zur Gegenwart nach.
The number of crimes specifically targeting women, hierarchically lower birth- (varṇa) and occupational groups (jāti) as well as ‘casteless’ (dalits; scheduled castes), and indigenous groups (ādivāsī; scheduled tribes) has increased continually over the last years in India. These acts of violence are to be considered systemic because of their quality and quantitative magnitude. The fact that they still pose an acute contemporary problem suggests a broader social consensus on the legitimacy of these acts within a superficially secularized Indian society that is based on inherited norms and values as well as premodern patterns of thought and action firmly rooted in traditionally Hindu ideas. The political rise of the "Indian People’s Party" (BJP: Bhāratīya Janatā Pārṭī) and its political recourse to Hinduism can be seen as a single, but nonetheless decisive factor that may causally explain the continuous aggravation of social antagonisms as well as the further intensification of the dynamics of violence. In order to shed light on these connections, the article traces the ideological foundations of this religiously legitimized dehumanization and violence as well as latent and open misogyny in Hinduism from its Vedic origins in the second millennium B. C. to the present.
ISSN:2194-508X
Contains:Enthalten in: Zeitschrift für Religionswissenschaft
Persistent identifiers:DOI: 10.1515/zfr-2023-0006